Dokumente zur Kampagne "Kooperative Vorsorge"

Einführung:

Außer den sogenannten Krebsvorsorgeuntersuchungen hat jeder gesetzlich Krankenversicherte ab dem 35. Geburtstag alle 2 Jahre Anspruch auf eine sogenannte Gesundheitsvorsorgeuntersuchung mit folgendem Inhalt (1-4):

1. Anamnese: Erhebung der Eigen-, Familien- und Sozialanamnese, Erfassung des Risikoprofils.
2. Klinische Untersuchung: Untersuchung zur Erhebung des Ganzkörperstatus.
3. Laboruntersuchungen: Bestimmung von Gesamtcholesterin und Zucker aus dem Blut sowie ein Harnstreifentest.
4. Beratung: Information des Versicherten über das Ergebnis der durchgeführten Gesundheitsuntersuchung durch den Arzt, Erörterung möglicher Auswirkungen auf die weitere Lebensgestaltung.

Sämtliche weitergehenden Vorsorgeuntersuchungen bei einem Gesunden, ohne Beschwerden, sind gemäß Vertragswerk keine Kassenleistungen. Vor diesem Hintergrund entfaltete sich folgender Schriftverkehr:


1. Rundschreiben von Peter Hach an die Ärzteschaft Raum Karlsruhe vom 20.10.99.

2. Rundschreiben von Peter Hach an die Ärzteschaft Raum Karlsruhe vom 30.10.99.

3. Schreiben von Herrn Kohn, Geschäftsführer der Ärztekammer Nordbaden, an Peter Hach vom 5.11.99.

4. Schreiben von Peter Hach an die Ärztekammer Nordbaden vom 7.11.99.

5. Schreiben von Jürgen Reitinger, Vizepräsident der Ärztekammer Nordbaden, an Peter Hach vom 12.11.99.

6. Schreiben von Peter Hach an die Ärztekammer Nordbaden vom 14.11.99.

7. Anlage zum Thema Versicherungsvertragsgesetz.

8. Schreiben des BDA - Geschäftsführers Dieter Adam an Peter Hach vom 26.11.99.



Rundschreiben von Peter Hach an die Ärzteschaft Raum Karlsruhe vom 20.10.99:

Konzept der kooperativen hausärztlich-fachärztlichen Gesundheitsvorsorge

Für viele sinnvolle ärztliche Vorsorgeleistungen bestand bisher für den gesundheitsbewußten Bürger kein überschaubares, attraktives Angebot. Fachärztliche Gesundheitsvorsorge fand bisher entweder (mit Ausnahme der Krebsvorsorgen) nicht statt, oder wurde als kurative Leistung den Krankenkassen in Rechnung gestellt (was nicht korrekt ist, und den Punktwert ruiniert).

Im Konzept der kooperativen Gesundheitsvorsorge stellt der Hausarzt dem interessierten Patienten mit Hilfe einer kleinen Broschüre das Vorsorgeangebot der beteiligten Fachärzte vor, und berät ihn bei der Auswahl der für ihn geeigneten Leistungen.

Der Patient besucht die betreffenden Fachärzte für die ausgewählten Untersuchungen. Abschließend werden die Ergebnisse mit dem Hausarzt erörtert.

Der Hausarzt berechnet seine Erörterung zeitbezogen mit 230 DM/Std. (Analog Ziffer 30/31 GOÄ)

Der Facharzte gewährt einen "Kooperationsvorsorgerabatt", so daß die Preise deutlich günstiger sind, als wenn der Patient die gleiche Leistung bei ihm direkt nachfragen würde. Ein ganz entscheidender Punkt - andernfalls könnte das Konzept nicht bestehen! Kommt also ein Patient mit der Preisliste in der Hand zum beteiligten Facharzt und erfragt bestimmte Leistungen wird ihm die Alternative geboten: entweder diesen günstigen Preis zu realisieren, indem er zuvor bei einem beteiligten Hausarzt ein "kooperatives Vorsorgekonzept" erstellen läßt, oder wenn er die gewünschten Leistungen direkt in Anspruch nehmen will, dann ohne Rabatt, nach GOÄ.

Als Anhaltspunkt für die Preisbemessung der fachärztlichen Leistungen im "kooperativen Gesundheitsvorsorgekonzept" könnte der EBM mit einem Punktwert von 10 Pfennig dienen. Durch Bündelung mehrerer Leistungen sollte eine noch weitergehende Rabattierung möglich werden. Ist eine Leistung im EBM deutlich unterbewertet, sollte der übliche Zeitaufwand mit 230 DM/Std. als Bemessungsgrundlage herangezogen werden.

Liebe Kollegen,

daß dieses Konzept ein Renner wird, kann ich nicht versprechen. Ich finde aber: es ist einen Versuch wert. Bitte unterstützen Sie diese Initiative mit Kritik und Anregungen. Und besonders mit konkreten, seriösen und günstigen Angeboten Ihrer ärztlichen Leistungen für ein "kooperatives Gesundheitsvorsorgekonzept".

Mit freundlich-kollegialen Grüßen Peter Hach




Rundschreiben von Peter Hach an die Ärzteschaft Raum Karlsruhe vom 30.10.99:

Erste Fragen und Antworten zur kooperativen Gesundheitsvorsorge

1. Warum für den Hausarzt GOÄ (230 DM/Std.) und für den Facharzt EBM mit Punktwert 10 Pf ?

Alternativ kann auch der Facharzt seine Leistungen zeitbezogen mit 230 DM/Std. berechnen ! Der höhere Kapitaleinsatz für bestimmte fachärztliche Leistungen wird zugegebenermaßen so noch nicht adäquat berücksichtigt. Ich bitte jedoch zu bedenken, daß das reale Preisdumping zur Zeit im "KV-unterstützten Vergütungssystem" stattfindet, wo bekanntlich ein Punktwert von 10 Pfennig längst nicht erreicht wird (Von den Budgetierungen ganz zu schweigen). Die "kooperative Gesundheitsvorsorge" stellt sich ja explizit diesem "KV - unterstützten Preisdumping" entgegen. Vorläufig geht das Konzept von dem betriebswirtschaftlichen Konstrukt aus, daß die apparativen Investitionen im Rahmen der Erbringung kurativer Leistungen amortisiert werden, und die "kooperative Gesundheitsvorsorge" keine zusätzlichen Investitionen erfordert.

Es wäre dem Konzept nicht nützlich, wenn ehrliche, gesundheitsbewußte, gesetzlich krankenversicherte Bürger aus ihrer Privatschatulle für die gleiche Leistung wesentlich mehr als die Krankenkassen aus ihren Beiträgen bezahlen. Wer also (berechtigterweise) meint, die Preise sind zu niedrig, soll sich an die KV wenden, die die Preise für kurative Leistungen mit den Krankenkassen verhandelt.

2. Warum zur fachärztlichen Vorsorge den Hausarzt, geht es nicht preiswerter ohne ?

Der Patient braucht den Hausarzt um die für Ihn geeigneten Untersuchungen auszuwählen, die Ergebnisse verschiedener Fachärzte im Zusammenhang darzustellen und gegebenenfalls im Kontext seiner ureigenen psychosozialen Komplexität zu deuten.

Der Facharzt braucht den Hausarzt, um seine eigene Tätigkeit in ein Konzept einzubinden. Und damit jene Patienten über sein Vorsorgeangebot fachgerecht informiert werden, die sonst nicht den Weg in seine Praxis gefunden hätten. Es werden ja auch in der Summe mehr fachärztliche Vorsorgeleistungen nachgefragt, wenn jeder Facharzt seine Patienten nicht nur über die Leistungen seines eigenen Fachgebietes informiert, sondern den Patienten ebenso für das Konzept der "kooperativen hausärztlich-fachärztlichen Vorsorge" interessiert.

Wenn ein Facharzt glaubt, seine ärztliche Kunst hätte ohne die integrative Funktion des Hausarztes die gleiche Qualität wie mit Hausarzt, verhält er sich ebenso engstirnig, wie der Hausarzt, der meint er sei ein 1000-Sassa und könne im Wesentlichen auf die Kunst und das Wissen des Facharztes verzichten.

Das Konzept der kooperativen Vorsorge soll keine Arztgruppe ausgrenzen. Eine rein fachärztliche Vorsorge wäre konzeptionslos, und würde nicht dem Patienteninteresse dienen. (Es sei denn, einer der beteiligten Fachärzte übernähme die Hausarztfunktion - sic. )

3. Was geschieht mit den Privatpatienten ?

Sicherlich werden sich insbesondere viele Privatpatienten für dieses Konzept interessieren. Auch für diese Patientengruppe sollte eine "kooperative hausärztlich-fachärztliche Gesundheitsvorsorge" gefördert werden. Noch ist jedoch die Frage, inwieweit Privatkrankenkassen fachärztliche Gesundheitsvorsorge in einem größeren Rahmen übernehmen, nicht geklärt.

Daß die EBM-10 Pf orientierten Preise in der kooperativen Gesundheitsvorsorge nur für gesetzlich Versicherte gelten ist Konsens. Begründen kann man dies damit, daß die Privatkassen ihre relativ günstigen Beiträge dadurch realisieren, daß sie sich durch Patientenselektion dem Solidarprinzip entziehen. Dies wird durch relativ höhere Preise für ärztliche Leistungen teilweise wieder kompensiert (so daß dem Arzt die im Durchschnitt unterbezahlte Behandlung von Kassenpatienten "leichter wird").

4. Wie weit ist die Broschüre, wann geht es los?

Anhand der eingegangenen Preisvorschläge, ließe sich schon jetzt ein erstes Angebot für die Patienten erstellen. Allerdings sind noch nicht alle Fachgruppen vertreten. Es sind auch noch einige rechtliche Details zu klären, welche die "Ausformulierung" betreffen. An den inhaltlichen Strukturen der Konzeption wird sich nichts Wesentliches ändern. Parteiliche juristische Einwände von Gegnern eines substantiellen Wandels sollten nicht überbewertet werden.

Diverse Verbände, und Institutionen, einschließlich der KVen, benötigen noch etwas Zeit, ihre Bereitschaft zur Unterstützung zu prüfen. Es besteht auch nicht die Kapazität alle persönlich anzusprechen. Da könnte noch der eine oder andere "Sympathisant" seine Kontakte spielen lassen - Danke.

Der nächste Schritt ist dann die Finanzierung der Broschüre. Diese sollte nach jetzigem Diskussionsstand professionell und federführend von einem Grafiker und einem Medizinjournalisten erstellt werden. Die einzelnen Leistungen werden darin mit Bild und Text anschaulich vorgestellt. Eine solche Broschüre, die in Arztpraxen ausliegt, wäre sicherlich für viele Firmen ein top Werbeträger, so daß bei gutem Management sogar ein Finanzierungsüberschuß möglich wäre.

Mit freundlich-kollegialen Grüßen Peter Hach



Schreiben von Herrn Kohn, Geschäftsführer der Ärztekammer Nordbaden, an Peter Hach vom 5.11.99:

Bezirks-Ärztekammer Nordbaden; Keßlerstr.1; 76185 Karlsruhe; Tel: 0721 / 5961-0; Fax: 0721 / 5961-140.

Konzept einer kooperativen hausärztlich-fachärztlichen Gesundheitsvorsorge

Ihr Telefax vom 21.10.1999 an die KV Nordbaden

Sehr geehrter Herr Hach,

die KV Nordbaden hat uns zuständigkeitshalber Ihr og. Telefax zugeleitet. ich hatte zwischen-zeitlich Gelegenheit, Ihren Vorschlag gemeinsam mit dem Kammeranwalt durchzusehen. Wir sind im Ergebnis leider zu der Einschätzung gelangt, daß dieses Konzept einer berufsrechtlichen Überprüfung nicht standhält. Wir müssen Sie daher dringend bitten, die Sache ad acta zu legen.

Bedenklich erscheint uns bereits der sozialrechtliche Einstieg mit der Aussage, daß Vor-sorgeleistungen ganz generell in der vertragsärztlichen Versorgung zu kurz kämen. Die Grenz-ziehung im einzelnen möchten wir aber insoweit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung überlassen. Wichtig erscheint uns in jedem Fall der Hinweis auf § 18 Absatz 1 Nr. 3 BMV-Ä und § 21 Absatz 1 Nr. 3 EKV. Nach diesen Vorschriften muß die Initiative für die sog. IGEL Leistungen vom Patienten ausgehen. Der Patient muß dem Arzt seine besonderen Wünsche schriftlich bestätigen.

In berufsrechtlicher Hinsicht verletzt Ihr Konzept die Grundsätze der Honorierung nach § 12 BO und das Verbot nach § 34 Absatz 5 BO, den Patienten an bestimmte Anbieter von Gesundheitsleistungen zu verweisen. Ärzte dürfen ihren Patienten keine "Rabatte" versprechen. Das Honorar muß vielmehr in jedem Einzelfall nach Maßgabe des § 5 GOÄ bemessen werden. Nicht nachvollziebar und rechtswidrig ist auch der von Ihnen geplante Analogabgriff der Ziffern 30/31 GOÄ für die Gesprächsleistung des "koordinierenden" Hausarztes.

Sofern Sie den Wunsch haben, daß Ihr Konzept dem Vorstand vorgelegt wird, bitten wir kurzfristig um Mitteilung. Die nächste Sitzung findet am 10. November 1999 statt.

Mit freundlichen Grüßen
(Kohn) Geschäftsführer




Schreiben von Peter Hach an die Bezirks-Ärztekammer Nordbaden vom 7.11.99:

Sehr geehrter Herr Geschäftsführer Kohn, sehr geehrte Vorstandsmitglieder,

vielen Dank für Ihr Interesse an dem Konzept der kooperativen Gesundheitsvorsorge.

In einer Situation, in der es "so nicht mehr weitergehen kann" muß sich jeder Beteiligte, auch wenn´s pathetisch anmutet, entscheiden: ob er selber Teil des Problems ist, oder aber aktiv zur Lösung beitragen will. Für jeden Verantwortungsträger (z.B. Geschäftsführer, juristischer Berater oder Vorstandsmitglied) gibt es keinen Ausweg aus dieser Entscheidung.

Ihre Einwände im einzelnen:

1.: "Bedenklich erscheint, ... die Aussage, daß Vorsorgeleistungen ... zu kurz kämen."
Vielen Dank. (Eine Aussage die zum Nachdenken anregt ist eine gute Aussage.) Fachärztliche Vorsorgeleistungen kommen aus Kunden/Patienten-orientierter Sichtweise schon alleine deswegen zu kurz, weil keine klare Information und kein übersichtliches Angebot darüber besteht.

2.: " ... muß die Initiative für sog. IGEL Leistungen vom Patienten ausgehen."
Wenn Sie diese Rechtsauffassung selber ernst nehmen würden, hätten Sie schon lange für die Erstellung einer Info-Broschüre eintreten müssen. Wie sonst soll der Patient sein Recht auf Eigeninitiative wahrnehmen, wenn er nicht vorher informiert worden ist ?

3.: " Der Patient muß dem Arzt seine besonderen Wünsche schriftlich bestätigen."
Diese Aussage muß man sich ganz besonders langsam auf der Zunge zergehen lassen. Hier zeigt sich die hemmungslose Einseitigkeit Ihrer Rechtsberatung. Sie wollen also dem Patienten verbieten mündliche Verträge mit Ärzten abzuschließen ?

4.: " ... verletzt Ihr Konzept ... das Verbot ... den Patienten an bestimmte Anbieter von Gesundheitsleistungen zu verweisen."
Den Patienten darüber zu informieren, wer eine bestimmte Gesundheitsleistung überhaupt anbietet, werden Sie nicht verbieten können. Im Zweifel sind Sie als Ärztekammer sogar selber verpflichtet dem suchenden Patienten mit konkreten Informationen beizustehen.

5.: " Ärzte dürfen ihren Patienten keine Rabatte versprechen. Das Honorar muß ... nach ... GOÄ bemessen werden."
Toll wenn man seine Grundsätze hat, man muß sie allerdings auch, da wo es Not tut, anwenden! Was unternimmt die Ärztekammer gegen das Unterlaufen ihres ach so ehernen Standpunktes in der kassenärztlichen Regelversorgung ? Ist ein freiwilliger Rabatt nicht moralisch und rechtlich haltbarer, als ein durch Punktwertverfall und Pauschalierungen erzwungener? Muß jetzt der Patient erst einer Gesundheitsvorsorgekasse beitreten, damit die Ärztekammer ihm erlaubt Preise mit seinem Arzt zu vereinbaren, die sich an denen orientieren, die seine Krankenkasse bezahlen würde, wenn sie das Geld dafür hätte ?

6.: " Nicht nachvollziehbar und rechtswidrig ist ... der Analogabgriff der Ziffern 30/31 GOÄ für die Gesprächsleistung des koordinierenden Hausarztes."
Hier bin ich auf Ihre Alternativvorschläge gespannt. Ist die hausärztliche Koordinations- und Integrationsleistung im wesentlichen entbehrlich ? Soll der Hausarzt diese Zusatzleistung wenn überhaupt, dann unbezahlt erbringen ? Soll er sein Gespräch in jedem Fall auf maximal 10 bis 15 Minuten beschränken ? Warum findet eine homöopathische Anamneseerhebung von einer Stunde Dauer für 230 DM Ihre Billigung, aber ein hausärztliches Gespräch mit gleicher Zeitdauer zum gleichen Preis nicht? Hier ist dringender Erklärungsbedarf betreffend Ihres politischen Willens, - und bitte verschanzen Sie sich hierzu nicht hinter einer parteilichen Paragraphen-Auslegung.

7.: "Wir müssen Sie daher dringend bitten die Sache ad acta zu legen."
Das ist für einen wehrhaften Demokraten, als der ich mich verstehe, Sie werden mir verzeihen, nicht möglich.
Hier geht es schließlich nicht nur um die ökonomische Existenz von benachteiligten Ärztegruppen, sondern auch um Patientenrechte und Grundwerte unseres Gemeinwesens: Meinungs- und Informationsfreiheit, Vertragsfreiheit und Berufsfreiheit. Es geht darum ein überholtes bürokratisches Versorgungs- und Verwaltungssystem, welches diese elementaren demokratischen Bürgerrechte mit Füßen tritt, zu reformieren.

Meine Anträge zu Ihrer Geschäfts- und Tagesordnung am 10.11.99:

1.: Antrag zur Geschäftsordnung:
Als Konzeptgeber wird mir die Möglichkeit gewährt Anträge zur Tagesordnung zu stellen.

2.: Anträge zur Tagesordnung:
2.1.: Die obigen 7 Entgegnungen werden einzeln abgearbeitet.
2.1.1.: Es wird darüber ein Protokoll erstellt, welches auch Minderheitenmeinungen aufnimmt.
2.1.1.1.: Dieses Protokoll wird der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
2.2.: Der Vorstand veranlaßt eine wohlwollende juristische Prüfung des Konzeptes, mit dem Auftrag: herauszufinden, wie die Ausgestaltung im einzelnen aussehen könnte um dabei möglichst wenig gerichtlichen Klärungsbedarf auszulösen.

Bei Annahme von Antrag 2.2 und zeitgerechter Umsetzung desselben, erkläre ich mich bereit, die Veröffentlichung der Patienten-Info-Broschüre solange zurückzuhalten.

Mit freundlich-kollegialen Grüßen Peter Hach




Schreiben von Jürgen Reitinger, Vizepräsident der Ärztekammer Nordbaden, an Peter Hach vom 12.11.99:

Zuweisung von Patienten und Gewährung von Rabatten bei Vorsorgeleistungen

Ihre Schreiben vom 21.10.1999 und vom 7.11.1999

Sehr geehrter Herr Kollege Hach,

auch wenn wir Ihre Anregungen zur Gestaltung der Tagesordnung am 10.11.1999 nicht im einzelnen aufgreifen konnten - es waren ja auch noch andere Themen zu behandeln - so hat sich der Vorstand doch eingehend mit Ihren Schreiben vom 21.10.1999 und vom 7.11.1999 befaßt. Ich darf Ihnen versichern, daß der Vorstand Ihren Vorschlag im Sinne eines Denkanstoßes mit Interesse aufgenommen hat - wie seinerzeit auch Ihre Initiative zur Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes oder die Diskussion ... (hier folgt die Erwähnung einer persönlichen Angelegenheit).

Ihre Sorge, Vorsorgeleistungen könnten in der vertragsärztlichen Versorgung zu kurz kommen, hat uns veranlaßt, an die Kassenärztliche Vereinigung heranzutreten. Diese Frage muß sicher sehr ernst genommen werden und bedarf sorgfältiger Prüfung. Eine für den Patienten verständliche Definition medizinisch sinnvoller Vorsorgeleistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, kann nur in Abstimmung mit der KV erarbeitet werden. Wir dürfen annehmen, daß die KV dabei auch auf Ihre Anregungen zurückgreifen kann.

Bedauerlich finden wir, daß Sie den schlichten Hinweis der Verwaltung auf die §§ 18, 21 BMV-Ä / EKV als "hemmungslose Einseitigkeit" in der Rechtsberatung empfinden. Letztlich sind diese Bestimmungen von den Vertragspartnern des Sozialrechtes auf Bundesebene geschaffen worden. Wir gehen davon aus, daß die Kassenärztliche Vereinigung Ihnen die Hintergründe und die Entstehungsgeschichte dieser Regelungen im Detail erläutern kann.

Wir sind im übrigen mit Ihnen der Meinung, daß das System der Versorgung gesetzlich versicherter Patienten durch Eingriffe der Politik mehr und mehr aus dem Gleichgewicht gerät. Die ärztliche Selbstverwaltung hat sich deshalb in den zurückliegenden Monaten in besonderer Weise in der gesundheitspolitischen Diskussion engagiert. Wenn es derzeit zumindest so scheint, als sei bei einigen der politischen Verantwortungsträger Besinnung eingekehrt, so ist dies auch ein Verdienst der ärztlichen Organisationen.

Überraschend finden wir dagegen Ihren Schluß, daß die derzeit unbefriedigende Situation im GKV-Bereich Regelverletzungen im Bereich der privatärztlichen Versorgung rechtfertigen soll. Dies wäre gerade so, als ob Sie eine aus Ihrer Sicht als ungerecht empfundene Steuer- gesetzgebung als Rechtfertigung dafür ins Feld führen würden, Ihre Miete nicht zu bezahlen. Zweifellos ist die Welt nicht in allen Bereichen perfekt geordnet. Dieser Umstand suspendiert aber nicht alle anderen Regeln. Nicht am einzelnen Behandlungsfall orientierte "Rabatte" sind dem System ärztlicher Honorierung wesensfremd. Ein derartiger Ansatz verletzt die Berufs-ordnung und ist auch wettbewerbswidrig.

Die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist die allgemeine Taxe für freiberuflich erbrachte Leistungen von Ärzten. Sie kann auf Dauer nur Bestand haben, wenn die Berufsangehörigen verantwortungsvoll mit diesem Instrument umgehen. Wie Sie sicher wissen, hat es in der Vergangenheit nicht an Versuchen der Politik gefehlt, auch hier Beschränkungen zu Lasten der Ärzten einzuführen, denn letztlich stehen hinter der GOÄ über die beamtenrechtliche Beihilfe die notleidenden Haushalte des Bundes und der Länder. Vor diesem Hintergrund haben wir tatsächlich wenig Verständnis dafür, daß Sie sich für Ihr Konzept einfach die teuerste Beratungsleistung herausgreifen. Die von Ihnen im Analogabgriff angezogene Ziffer 30 wurde speziell für die Besonderheiten der Homöopathie geschaffen. Sie war überdies Gegenstand außerordentlich kontroverser Diskussionen, die sicher erneut Nahrung finden würden, wenn wir jetzt die Vereinnahmung dieser "teuren" Ziffer für andere Zwecke zulassen würden.

Doch nun zu Ihrem letzten Punkt: Wo bleibt das Positive?

Nun, zunächst regen wir an, daß Sie Ihre Vorstellungen hinsichtlich der Definition medizinisch sinnvoller Vorsorgeleistungen an die Kassenärztliche Vereinigung Nordbaden herantragen, damit etwaige IGEL Leistungen identifiziert werden können. Der zweite Schritt, eine geeignete Organisationsform für die Zusammenarbeit von Haus- und Fachärzten zu finden, ist dann nicht mehr schwer. Die Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg hat insoweit bereits Vorsorge getroffen und den "Praxisverbund" ("Praxisnetz") als neue Organisationsform eingeführt (vgl. Anlage D Nr. 11 zur Berufsordnung). Die derzeit noch in der Vorschrift enthaltende Beschränkung auf ein gemeinsames Versorgungsziel in der vertragsärztlichen Versorgung wird voraussichtlich fallen. Zumindest will der Vorstand der Landesärztekammer - mit der Unterstützung des hiesigen Vorstandes - der Vertreterversammlung am 27.11.1999 einen entsprechenden Änderungsantrag vorlegen.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

(Dr. med. Jürgen Reitinger)
Vizepräsident




Schreiben von Peter Hach an die Bezirksärztekammer Nordbaden vom 14.11.99:

Sehr geehrte Herren Vizepräsident Reitinger, Geschäftsführer Kohn, Vorstandsmitglieder,

vielen Dank für Ihre Unterstützung, das war weit mehr als ich zu erhoffen wagte - ich zitiere: " ... der Vorstand Ihren Vorschlag im Sinne eines Denkanstoßes mit Interesse aufgenommen hat ... Diese Frage muß sicher sehr ernst genommen werden und bedarf sorgfältiger Prüfung ... regen wir an daß Sie Ihre Vorstellungen ... an die KV herantragen ... "

Von ganz besonderer Bedeutung erscheint mir Ihre Aussage: " Der zweite Schritt, eine geeignete Organisationsform für die Zusammenarbeit von Haus- und Fachärzten zu finden ist dann nicht mehr schwer." - Darf ich Sie so verstehen, daß Sie sich damit in der Pflicht fühlen, innerhalb Ihres Zuständigkeitsbereiches unterstützend tätig zu werden, falls es doch nicht so einfach sein sollte, und beispielsweise die hausärztliche Integrations- und Koordinationsleistung keine angemessene organisatorische und ökonomische Berücksichtigung fände?

Vielen Dank für die Erwähnung der Initiative zur Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes, der Text hierzu befindet sich in der Anlage.

Doch nun zur Diskussion (und vielen Dank für Ihre Vorlagen):

1.: " ... daß das System der Versorgung gesetzlich versicherter Patienten durch Eingriffe der Politik mehr und mehr aus dem Gleichgewicht gerät."
Mir geht es hierbei nicht um den Erhalt eines, wie auch immer gearteten Gleichgewichtes, sondern um Vorwärtsbewegung auf möglichst hohem Niveau. Voraussetzung hierfür ist bei uns Menschen, seit es uns gibt, die Bereitschaft zur vorübergehenden Preisgabe des Gleichgewichtes.
Die Fehler der Politik sind eher sekundärer Natur. Der schwierigste Patient ist vielmehr die organisierte Ärzteschaft selber, mit ihrer in weiten Feldern oft fehlenden Krankheitseinsicht - bei Ärzten bekanntlich ein nahezu unheilbarer Zustand.

2.: " Zweifellos ist die Welt nicht in allen Bereichen perfekt geordnet. Dieser Zustand suspendiert aber nicht von allen Regeln."
Zugegeben, unsere Welt wirkt chaotisch. Ihre Ordnung ist von solch unermeßlicher Größe, daß sie uns, auch wenn wir nur einen kleinen Ausschnitt schauen, zunächst verwirrt. Was die historisch gegebene Ordnung unseres Gemeinwesens angeht, bestand und besteht Wandlungsbedarf. Hierfür ist, in der Menschheitsgeschichte vielfach erprobt, die Regel, daß einige offensichtlich falsche Regeln, nach reiflicher Überlegung, mit höchstem Verantwortungsgefühl und mit Bedacht übertreten werden. - Allerdings wird auch gegen diese Regel regelmäßig verstoßen. Die Öffnung der Mauer war so gesehen die Folge einer Kette bewußter und unbewußter Regelverstöße.

3.: " ... stehen hinter der GOÄ über die beamtenrechtliche Beihilfe die notleidenden Haushalte des Bundes und der Länder.... Ziffer 30 war Gegenstand außerordentlich kontroverser Diskussionen, die sicherlich erneut Nahrung finden würden,..."
Beim Lesen dieser Formulierungen assoziiere ich eine zentrale Problematik ärztlicher Berufspolitik: das oft kurzsichtig, taktische Verhältnis zu Recht und Gerechtigkeit. Leider trifft man bei Ärzten auch gelegentlich auf ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit (wohl auch deshalb, weil dieses vielerorts geheimes Lernziel in der klinischen Arztausbildung ist - die Wahrheit wäre ja auch oft zu zeitaufwendig). Im Übrigen leiden die öffentlichen Haushalte auf der Einnahmenseite an zu geringem Wirtschaftsvolumen, hierzu sollten wir mittels der kooperativen Gesundheitsvorsorge im Entscheidungssektor der Binnendienstleistungen einen möglichst beträchtlichen Beitrag zur Besserung leisten.

Kaum ist die Lösung eines Problems angedacht, schon erwachsen neue Aufgaben: Die Verankerung eines notwendigen Bürgerrechtes gegenüber Institutionen und Autoritäten, welches da lautet: "Auf eine klare Frage eine klare Antwort". Wenn Sie mein Schreiben vom 7.11.99 nochmals zur Hand nehmen, werden Sie nämlich feststellen, daß einige durchaus eindeutig formulierte Fragen noch nicht beantwortet sind.

Mit freundlich-kollegialen Grüßen Peter Hach




Anlage zum Thema Versicherungsvertragsgesetz (zu Ihrer freien Verfügung):

Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,

nach reiflicher juristischer und ethischer Prüfung, bin ich zu dem Entschluß gelangt, Formular-Versicherungsfragebögen mit der Aufforderung: offenzulegen "wegen welchen Krankheiten oder Gesundheitsstörungen, ich Sie in den letzten Jahren untersucht oder behandelt habe;" in aller Regel nicht zu beantworten. Begründungen:

1.) Solche Fragebögen sind in dieser Form möglicherweise nicht zulässig: Beispielsweise werden hierin global auch Trivialerkrankungen abgefragt; diesbezüglich besteht keinerlei berechtigtes Interesse der Versicherung.

2.) Die Schweigepflichtentbindung Ihrerseits ist möglicherweise ungültig, da Sie ja keine andere Wahl haben. Noch nicht mal ein Ausweichen auf eine andere Versicherung wäre möglich, da meines Wissens alle Versicherungen ähnliche Fragebögen versenden.

3.) Ein berechtigtes Interesse der Versicherungsgesellschaft (oder des Kollektives der Versicherten) auf Offenlegung Ihres Patientengeheimnisses besteht nicht, da diese sich mittels einer gründlichen ärztlichen Untersuchung durch einen Vertragsarzt der Versicherung (einschließlich: Anamnese, Belastungs-EKG, Labor) ein deutlich besseres Bild Ihres Gesundheitszustandes machen könnte, als über derartige Fragebögen. Eine solche Vorgehensweise wäre unter dem Gesichtspunkt des Preis-Leistungs-Verhältnisses sogar günstiger.

4.) Fragebögen dieser Art hebeln die ärztliche Schweigepflicht, bzw. den Schutz des Patientengeheimnisses aus: Wäre jedem Patient bekannt, daß er in eine Situation kommen kann, in der er sich gezwungen sieht einen solchen Fragebogen zulassen zu müssen (Private Krankenversicherung, Lebensversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung werden nach heutigem Verständnis nicht mehr in jedem Fall als "Luxus" angesehen ), würde eine große Anzahl von Patienten sich entscheiden, ihrem Arzt nur das aus ihrer Sicht "Nötigste" mitzuteilen. Dies würde sicherlich in vielen Fällen, nicht unbedeutende gesundheitliche Gefahren, nach sich ziehen. In diesem Zusammenhang liegt ja die eigentliche, unabdingbare Notwendigkeit der Schweigepflicht, begründet.

5.) Da das Vertrauen in die Wahrung des Patientengeheimnisses, eine sinnvolle ärztliche Arbeit überhaupt erst ermöglicht, mache ich von meinem Recht und meiner Pflicht Gebrauch, Fragebögen dieser Art nicht zu beantworten. Ihr persönliches Recht, meine ärztlichen Unterlagen einzusehen, und Ablichtungen von Befundausdrucken zu erhalten, bleibt davon unberührt.

6.) Last not least: könnte eine kriminelle Organisation, sofern sie über die Mittel verfügt eine Versicherung zu gründen (oder zu übernehmen), durch besonders günstige Scheinangebote an Informationen gelangen, die es ihr ermöglichen, gelinde gesagt: "Einfluß zu nehmen".

Mit freundlichen Grüßen




Schreiben des BDA - Geschäftsführers Dieter Adam an Peter Hach vom 26.11.99:

BDA Berufsverband der Allgemeinärzte Deutschlands - Hausärzteverband e.V. Theodor-Heuss-Ring 14; 50668 Köln; Telefon 0221/16 06 7-0; Telefax 0221/16 06 735; Dieter.Adam@hausarzt-bda.de

Konzept "kooperative Gesundheitsfürsorge"

Sehr geehrter Herr Hach,

zunächst bedanke ich mich für die Unterrichtung über Ihren intensiven Schriftwechsel mit der Bezirksärztekammer Nordbaden und Ihre weiteren Rundfaxe. Zuvorderst muß ich der Bezirksärztekammer ein Lob aussprechen. Ich erlebe es leider auch heute noch selten, daß eine Kammer so ausführlich, so konstruktiv und m.E. auch einfühlsam auf die Vorschläge eines Mitgliedes der Basis eingeht.

Sie hatten um die Meinung des BDA und ggfls. um Unterstützung Ihres Konzepts gebeten. Der Vorstand des BDA bewertet Ihre Zielsetzungen im Grundsatz positiv und dankt Ihnen ebenfalls für Ihre Anregungen. Es ist richtig, daß wir uns in einer Zeit des Umbruchs auch im Bereich des ärztlichen Berufs befinden. Die Ärzteschaft insgesamt muß über neue Formen der Berufsausübung, gerade auch in der Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen nachdenken, ebenso über Mittel und Wege, die wirtschaftliche Existenz der Praxis zu sichern. Insoweit können wir uns in vieler Hinsicht den Stellungnahmen Ihrer Bezirksärztekammer anschließen. Nicht nur eine Kammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern auch ein freier Verband wie der BDA ist gehalten, die geltenden Normen des Berufsrechts zu beachten.

Wir können, von Extremfällen abgesehen, den Mitgliedern des BDA keine Maßnahmen oder Konzepte empfehlen, die zu Sanktionen führen oder sie zumindest in Konflikte mit den Körperschaften führen. Nicht jeder Arzt ist wie Sie bereit und in der Lage, sich mit den Körperschaften auseinanderzusetzen. Der Verband selbst läuft Gefahr, nicht nur bei den Körperschaften, sondern auch bei den Mitgliedern in Verruf zu geraten.

Ich betone aber noch einmal, daß der Vorstand Ihre Anregungen aufgenommen hat und versuchen wird, sie ihrer Zielsetzung entsprechend umzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

ADAM



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